Keine Ahnung, weshalb ich noch immer auf Twitter bin. Ich habe sowieso zu wenig Zeit oder will mir nur selten Zeit für Twittern nehmen. Genauso wie mir nicht klar ist, warum ich meinen Facebook-Account nicht sperren kann … Im Buch von Hannelore Bublitz “Im Beichtstuhl der Medien” lese ich meiner Meinung ansprechende soziologische These, was hinter der Anziehungskraft sozialer Netze tatsächlich steckt.
“Begehren, sich in der Öffentlichkeit über Persönliches sprechend zu exponieren, aber auch einem tiefer liegenden, ‘exhibitionistischen’ Wunsch, der medial freigesetzt wird und dem ein voyeuristisches Verlangen entspricht […] Wenn die Attraktivität der neuen Medien vor allem darin bestünde, sich anderen zu zeigen und zu demonstrieren, dass man sich als privates Individuum durchaus frei im öffentlichen Raum bewegt und als solches jederzeit Anschluss hat an die sozialer Bänder, die die Gesellschaft bei aller Beweglichkeit zusammenhalten, dann zeigt sich im Anschluss an – zunehmend mobile – Medien mehr als nur Spaß andauernder Kommunikation. Was in der Mediengesellschaft des 21. Jahrhunderts zählt, ist der unbegrenzte Zugang zur Zirkulation von Waren, Information und Kommunikation. Es ist der permanente Zugriff auf Datenströme, Aufmerksamkeits- und Kommunikationsnetzwerke, Geld und Bildung, alles Kapitalsorten, und die fast simultane Präsenz auf allen sozialen Kanälen, die soziale Zugehörigkeit, vor allem aber auch sozialen Status sichern.” (Seiten 9-10)
Anmerkung
Bublitz blickt an den Voyerismus und Exhibitionismus nicht kulturkonservativ an und will keine Abwertung mit der Begrifflichkeit schaffen. Das gefällt mir! Ihrer Meinung nach “geht es an dieser Stelle medialer Anschlussformen um die Strategie, sich mit dem Begehren nach Präsenz und dem auf andere geworfenen Blick seiner sozialen Existenz zu vergewissern und sich als Gesellschaftsmitglied sozial zugehörig zu zeigen.” (Seiten 9-10)
Das Buch
Hannelore Bublitz (2010). Im Beichtstuhl der Medien: Die Produktion des Selbst im Öffentlichen Bekenntnis. Bielefeld: Transcript. Beim Amazon bestellen.